Es wurde einst herausgefunden, dass ohne Katalysatoren ein Leben, wie wir es kennen, nicht möglich wäre. Nun, dies ist bei fast allen Dingen, die uns umgeben der Fall. Vieles spielt eine einzigartige und unersetzbare Rolle im Gleichgewicht der Natur. Ob das nun die Biene ist, die ihren Beitrag zur geschlechtlichen Fortpflanzung vieler Arten leistet, oder ein Enzym, das den Umbau von kurzen Kohlenhydraten zu langkettigen Strukturen zu Energiespeicherzwecken katalysiert. Weder Biene noch Enzym profitieren von ihren Werken. Auch verändern sie sich nicht bei ihrem Tun. Sie sind notwendige Form, die anderen Formen, und letztlich sich selbst, ein Weiterexistieren ermöglicht.

Der Unterschied von diesen einfachen Formen zum Menschen ist lediglich, dass der Mensch die Freiheit besitzt sich zu entscheiden die ihm angestammte Rolle abzulehnen. Sie nicht zu spielen. Daher ist es die Aufgabe jeder Erziehung und Bildung dem Menschen die Freiheit zu lassen, die Freude an dieser Rolle zu entdecken, im besten Falle sogar, zu stimulieren. Ein Kind spielt nur, wenn es ihm Freude macht, richtig? Oder, weil es ihm Freude macht? An diesem einfachen Beispiel kann man deutlich zwei grundverschiedene Menschenbilder abgrenzen. Sind wir schon als Kinder von Lust- und Spaßsucht getrieben? Oder bestimmen wir selbst, dass wir etwas weitertun, wenn wir entdecken, dass es uns Freude bereitet?

Die Neurowissenschaften schlussfolgern heutzutage immer öfter, dass wir unsere Taten – im Grunde genommen – erst nachdem wir sie begangen haben, rechtfertigen. Wir haben aber stets eine Vorahnung für das, was wir tun sollen. Entscheiden wir uns gegen diese Vorahnung, wird es schwieriger das im Nachhinein zu rechtfertigen. Diese falsche Entscheidung kann aber durchaus zur unmittelbaren Ausschüttung von Glückshormonen führen. Kinder, die es schaffen einem Stück Schokolade für kurze Zeit zu widerstehen, da sie um die Belohnung mit einer ganzen Tafel wissen, haben später durchschnittlich einen höheren IQ. Sie haben das, worauf es am meisten ankommt. Und das ist nicht pure, sture Geduld. Es ist das Vertrauen darauf, dass es sich lohnt.

Hier verbirgt sich bereits die Idee des Glaubens und der Heilsversprechen von Religionen, die unsere Gesellschaften kulturell und sozial enorm prägen. Auch unsere Währungen basieren noch immer auf dem Vertrauen, dass man das, was man gegeben hat, auch wieder zurückbekommt. Doch es gibt ein Problem. Kaum eine/r freut sich noch, wenn sie/er nur  den Einsatz zurückbekommt, wie die Biene oder das Enzym. Wir haben die Freude daran verloren Katalysatoren zu sein und damit die Freude an unserer nackten Existenz. Wir sind Spieler geworden, die auf Wachstum wetten.
Um dem entgegenzuwirken lohnt es sich Katalysatoren besser zu verstehen. Wie sie in der Natur funktionieren und wie man lernen kann selbst immer mehr – mit Freude – Katalysator zu sein.

Fest steht: Wir müssen auch wachsen. Das ist die Natur des Kindes. Und dieses Naturrecht steht jedem Kind uneingeschränkt zu. Doch als Menschheit gilt es erwachsen zu werden und zu sein. Jede/r muss diesen Schritt selbst gehen, und jede/r wird ihre/seine Zeit dafür brauchen. Wieder geht es nicht nur darum Geduld zu zeigen, sondern vertrauensvoll zu begleiten. Am Anfang zählt der Charakter. Der Rest hängt von der Begleitung ab.

 

Kopenhagen, 11.03.2021